Die Faser:
Kaschmir ist die superweiche Unterwolle der Kaschmirziege. Sie kann nur wachsen, wenn die Ziegen in über 4000m Höhe und bei sehr kalten Temperaturen gehalten werden. Meistens wird die Ziege dann im Frühling ausgekämmt und die Wolle per Hand sortiert und gereinigt. Da nur die Unterwolle begehrt ist, müssen die Grannenhaare ausgelesen werden. Eine Kaschmirziege produziert pro Jahr lediglich 150-200g Unterwolle.
Natürlich gibt es auch hier bereits Länder, die eine Industrie zu dieser Wolle aufgebaut haben. Dazu zählen z.B. China, Neuseeland und Australien. Dort werden die Ziegen einmal pro Jahr geschoren und der Aufarbeitungsprozess der Wolle wird maschinell durchgeführt. Dennoch hat die Wolle durch ihre Feinheit und die geringe Menge, in der sie verfügbar ist einen sehr hohen Preis.
Vor einiger Zeit hatte ich sogar die Gelegenheit, Kaschmir-Rohwolle aus Deutschland zu verarbeiten. Ich sollte, im Auftrag der Halterin, Garn aus der gesammelten Wolle herstellen. Dabei zeigte sich sehr deutlich der Unterschied zu den industriell aufgearbeiteten Fasern, die ich bis dahin ausprobiert hatte. Neben zahlreichen verfilzten und eingestreuten Partien war die Wolle voller Grannen, die sich auch in langwieriger Handarbeit nicht vollständig entfernen ließen.
Das fertige Garn war dann alles andere als weich und in keiner Weise mit maschinell entgrannten Fasern vergleichbar. Es war eine sehr interessante Erfahrung, Kaschmir direkt ab dem Tier verarbeiten zu dürfen, aber für meine eigenen Projekte würde ich die maschinell bearbeiteten Fasern immer bevorzugen.
Das Spinnen:
Auf dieses Probespinnen habe ich mich ganz besonders gefreut. Kaschmir ist unheimlich weich und hat eine angenehme Stapellänge. Mit der Handspindel konnte ich es sehr dünn ausziehen. Leider sind die Fasern durch ihre Weichheit auch sehr rutschig, wodurch sich meine Halteschlinge an der Spindel, ab einem bestimmten Gewicht, immer wieder löste. Zukünftig würde ich diese Fasern also nur noch mit Spindeln spinnen, die mit einem Haken versehen sind. Mit der Handspindel habe ich getestet, wie dünn sich die Fasern wirklich spinnen lassen und habe den Faden dann zweifach verzwirnt. Um diese Feinheit beizubehalten.
Am Spinnrad hingegen hatte ich weniger Probleme…..es war einfach nur ein Traum. Trotz ihrer Weichheit sind die Fasern am Spinnrad nicht so rutschig wie beispielsweise Angora und man kann einen sehr gleichmäßigen Faden spinnen. Mit dem Spinnrad habe ich einen etwas dickeren Faden gesponnen und ihn navajogezwirnt.
Beide Garne sind wunderschön und kuschelig weich geworden. Das dickere Garn könnte ich mir gut als warmen Schal oder Oberbekleidung für den Winter vorstellen (z.B. Pullover, Jacke, Poncho). Das Dünne Garn könnte ein sehr zartes Tuch ergeben. Auf jeden Fall kann man diese Wolle Problemlos auf der Haut tragen.
Für Anfänger ist diese Faser nicht geeignet, da sie durch ihre Feinheit anspruchsvoll zu spinnen ist und schon beim Kauf einen sehr hohen Preis hat. Fortgeschrittenen Spinnern kann ich diese Faser nur empfehlen, da sie ein wunderbares Garn ergibt und es ein traumhaftes Spinnerlebnis ist.
Da ich nicht nur verschiedene Fasern sondern auch verschiedene Bezugsquellen ausprobiere, konnte ich natürlich nicht widerstehen, als die Firma Wollschaaarf Kaschmir in ihr Sortiment aufnahm. Anders als die Kammzüge von Das Wollschaf (die ich euch schon weiter oben vorgestellt habe) werden die Fasern von Wollschaaarf als Kardenband geliefert. So hatte ich auch gleich einen wunderbaren Vergleich zwischen diesen beiden Vorbereitungsmethoden. Während die gekämmten Fasern alle glatt in eine Richtung zeigen, werden die Fasern beim Kardieren gekreuzt. Bei den gekämmten Fasern hatte ich dadurch das Gefühl, dass sie etwas mehr glänzen und ein glatteres Garn ergeben. Die kardierten Fasern ließen sich dafür leichter ausziehen, da das Kardenband nicht so kompakt ist wie der Kammzug. Das Garn wurde dadurch fluffiger. Einen leichten Glanz hat es natürlich auch, aber nicht so sehr, wie das Garn aus dem Kammzug.
Was die Länge, Weichheit und Qualität betrifft, konnte ich keine Unterschiede feststellen. Die Fasern sind von beiden Firmen einfach traumhaft. Ich persönlich mag das Kardenband lieber, das liegt aber nicht an der Faser oder der Firma, sondern an meiner ganz persönlichen Vorliebe für Kardenbänder ;-)
Abschließend habe ich noch einen interessanten Filmtipp für euch, der weitere Einblicke in die Gewinnung und Verarbeitung dieser Faser gibt: "Feine Stoffe, ferne Länder-Mongolei".
Das Weben:
Auch das Weben war sehr angenehm und ging mit leicht von der Hand. Durch die Dicke des Garnes ist ein gleichmäßig dichtes Probestück entstanden. Wie immer ist das Webstück wesentlich leichter und dünner als das Strickstück.
Ein leichtes Tuch aus gewebtem Kaschmir-Garn oder ein Oberteil aus kleinen gewebten Patchwork-Stückchen ist sowohl optisch als auch haptisch ein absolutes Highlight.
Für mehr Belastbarkeit und/oder wunderschöne optische Effekte, kann man Kaschmir auch mit anderen edlen Fasern mischen, wie z.B. Wolle vom Argali-Schaf oder Maulbeerseide.
Das Stricken:
Beim Probestricken habe ich mich für das dreifädig gezwirnte Garn entschieden und es hat meine Begeisterung für diese Faser nur noch bestätigt. Es glitt leicht durch die Finger, ohne zu sehr zu Rutschen und ergab ein gleichmäßiges Maschenbild. Ich hatte sehr viel Freude an der Verarbeitung und das Probestück ist wunderbar weich, in einem angenehm warmen Creme-Ton. Da Das Garn eine Nadelstärke von 3,5.4 hatte, ist das Strickstück entsprechend dick geworden. Für warme Kleidung im Winter, wie z.B. Handschuhe ist das perfekt. Allerdings kann ich mir auch ein kuschelig leichtes Tuch für die Übergangszeit aus etwas dünner gesponnenem Garn vorstellen. Es wird auf jeden fall nicht das letzte mal gewesen sein, dass ich Kaschmir pur verarbeite habe.