Die Faser:
Milchfasern werden auch Kasein-Fasern genannt, da sie aus dem, in der Milch enthaltenen, Kasein gewonnen werden. Das ist ein Protein, aus dem z.B. auch Käse gemacht wird.
Damit allerdings keine wertvollen Lebensmittel verschwendet werden müssen, werden Milchfasern nur aus der Milch gemacht, die sowieso von der Lebensmittelindustrie entsorgt werden würde. Genau genommen ist es also Abfall.
Um 1kg Milchfasern herzustellen, benötigt man nur 2 Liter Wasser. Verglichen mit vielen anderen Fasern, ist das wirklich sehr wenig. Außerdem braucht man zur Herstellung dieser Fasern keine Chemikalien oder ähnliches. Sie sind also sehr innovativ und auch für Menschen mit Allergien und empfindlicher Haut geeignet.
Dazu kommt noch, dass sie leicht kompostierbar sind. Das klingt im ersten Moment etwas komisch, aber für die Zukunft würde es bedeuten, dass sie keinen bleibenden Müll verursachen (wie z.B. Polyester), sondern sich einfach zersetzen, wenn man sie wegwirft.
Dennoch steht diese Faser aber auch unter Kritik. Vor allem Veganer und Gegner der Milchindustrie sehen Milchfaser als Ausbeutung der Tiere an. Auch wenn sie nur aus Abfallmilch gewonnen wird, so ist sie doch ein Produkt, was erst durch die Existenz großer Milchproduzenten entstanden ist, welche nicht immer so sorgsam mit ihren Tieren umgehen, wie es sein sollte.
Ich persönlich stehe dieser Faser sehr positiv gegenüber, da sie helfen kann, zumindest einen Teil der Lebensmittelverschwendung einzugrenzen und dabei auch noch umweltschonend ist.
Die Fasern erinnern stark an Seide. Sie sind sehr weich und glänzend, weshalb sie auch häufig als Milchseide bezeichnet werden.
Das Spinnen:
Ich habe den dünnen Teil mit der Handspindel gesponnen und dann andengezwirnt (nach der Erfahrung mit dem Bambus, habe ich mich dieses Mal gleich für diese Methode entschieden). Den dickeren Teil habe ich mit dem Spinnrad gesponnen und dann navajogezwirnt.
Trotz, dass die Fasern fast reinweiß wirkten, ist der gesponnene Faden elfenbeinfarben (nicht negativ, aber sehr überraschend). Das Garn hat einen wunderbar seidigen Glanz und ist sehr weich.
Die Fasern waren kürzer, als ich es mir vorgestellt hatte (ca. 8cm Stapellänge) und waren etwas rutschig, was der erste Eindruck aber schon vermuten ließ.
Alles in allem hatte ich sehr viel Freude an den Fasern und bin mit dem Ergebnis durchaus zufrieden. Fortgeschrittenen würde ich diese Erfahrung unbedingt empfehlen und auch Anfänger mit etwas Übung könnten Freunde an dieser Faser haben.
Anders als andere synthetisch hergestellte Fasern, würde ich diese durchaus nochmal pur verspinnen, da ich sie mir gut als Sommertuch oder leichten Bolero vorstellen kann.
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Clarissa von Adlerstein (Montag, 27 Mai 2019 10:52)
Danke für Deinen Bericht! Aber wie genau stellt man diese Faser her, konntest Du darüber etwas in Erfahrung bringen? Kann man das auch selbst versuchen? Wo kann man Milchfaser ergattern? In welcher Preisklasse liegen da z.B.100 g? Wie verhält es sich mit dem Färben? Entschuldige die vielen Fragen!�
Viele Grüße Clarissa
Die Garnspinnerin (Montag, 27 Mai 2019)
Es freut mich, dass dir mein Beitrag gefällt. Die genaue Herstellung von Milchseide kenne ich auch nicht, da es ein kompliziertes Verfahren ist. Ich weiß nur, dass das Protein Kasein aus der Milch extrahiert und zu Pulver getrocknet wird. Später werden diesem Pulver dann weitere natürlich Substanzen und Wasser zugefügt. Dann wird die Masse durch Spinndrüsen gedrückt, um so die Fasern zu erzeugen. Selbst kann man Milchseide aber nicht herstellen.
Kaufen kann man Milchseide bei verschiedenen Anbietern. Die Milchfasern, die ich verarbeitet habe, sind von "Das Wollschaf", aber auch "Wollschaaarf" haben diese Fasern im Angebot. Preislich liegt ein 100g Kammzug zwischen 5€ und 7€.
Wie das Färben dieser Faser funktioniert, konnte ich bisher leider noch nicht ausprobieren, aber das steht auch noch auf meiner To-Do-Liste ;-) Sobald ich es getestet habe, werde ich den Artikel natürlich ergänzen.
Liebe Grüße
Die Garnspinnerin
Silberweides Garnträume (Donnerstag, 08 Juli 2021 12:57)
Hallo, das ist ja sehr spannend. Ich bin da jetzt über eine andere Recherche praktisch drüber gestolpert. Danke für die Infos.
Nachdem die Fasern praktisch tierisches Eiweiß sind (so stelle ich mir das zumindest vor), denke ich, dass es sich mit dem Färben ähnlich verhält, wie bei Tierfasern. Allerdings würde ich mit dem Essig erstmal vorsichtig testen, ob der dann nicht alles auseinander fallen lässt und die Fasern sich wieder auflösen. Naja...wer probiert hat, kann ja hier mal hinterlassen, wie das lief.